Die Geschichte Achdorfs reicht bis weit in die Vergangenheit zurück. Funde belegen, dass Menschen schon in
der Jungsteinzeit, vor ca. 5000 Jahren, diese Gegend bewohnten
(▶ Spitzlberger, Homepage Bürgerverein)
. Als ältestes Haus nimmt man eine Straßenstation aus dem 1. Jahrhundert (ca. 100 n.
Chr.) am Platz des heutigen Ruffinischlössls an, das eine Wegkreuzung sicherte. In der Tradition der
römischen Stützpunkte an Straßen soll es rot angestrichen gewesen sein. Weitere Ansiedlungen erfolgten dann
am Bachlauf entlang. Zusammen mit bäuerlichen Streusiedlungen bildete sich so im Laufe der Jahrhunderte ein
Dorf mit verschiedenen „Zentren“
(▶ vgl. Stahleder, Geschichte der Hofmark Achdorf, S.16 f. und Dübell, Achdorf ein traditionsreicher
Stadtteil, S. 8)
Um 700 n. Chr. lag der Dorfkern dann auf erhöhtem, trockenem Grund beim früheren Wirtshaus „Innere Stelze“
(heute Augenklinik gegenüber der
Pfarrkirche). Dies ist durch Gräberfunde beim Bau der Stadtpfarrkirche St. Margaret
(▶ siehe die Grabbeigaben dazu im Stadtmuseum Landshut)
gut belegt.
Der Name Achdorf könnte von einem Bachlauf stammen. Das altes Wort für fließendes Gewässer ist nämlich
„Ache“. Die Bezeichnung dieser Ache als „Roßbach“ erklärt der Chronist Alois Staudenraus
(▶ Staudenraus, Topographisch-Statistische Beschreibung der Stadt Landshut und ihrer Umgebung, Landshut
1835, S. 217)
so: „Zu Untergrub bei Hoheneckelkofen entspringt nämlich ein Bächlein, das am Roßberg, zu Altenbach,
Salchsdorf und Ernsdorf vorbei läuft, sich zu Kumpfmühl mit den von Grammelkam und Zweikirchen herfließenden
Bächlein vereinigt und so die Ache bildet, welche sich im Norden der Hofmark [Achdorf] in die Isar
ausmündet.“ Stahleder
berichtet, dass um das Jahr 1000 herum der Bach als „Chugunpach“ bezeichnet wurde oder oft auch nur als
„Achdorfer Bach“.
Er vermutet, dass der heutig geläufige Name „Roßbach“ von „einem Rosenbach, der vor mehr als 100 Jahren noch
mehrfach als Flurbezeichnung im Rosental erscheint“, kommen könnte
(▶ Stahleder, a.a.O., S. 19)
.
Bau- und Besitzverhältnisse in Achdorf sind (wie oft im Mittelalter) nicht einfach zu überblicken. Die im Folgenden auftauchenden Begriffe sind: Burgstall (auf Erdhügel erbaute „Burg“ mit Wall und Wassergraben, schon 1385 nicht mehr bestehend, dafür stand dann dort das aus Holz erbaute „Herrenhaus“, heute steht dort das Feuerwehrhaus), Achdorfer Schloss oder Hofmarkschloss (wahrscheinlich im späten Mittelalter als wehrhafter und bequemerer Sitz gegenüber dem Herrenhaus entstanden, in der Mitte des 18. Jahrhunderts zur heutigen barocken Form umgestaltet, mit Kapelle St. Wilhelm), Ruffinischlössl (Neubau ca. 1650, oft fälschlichderweise mit dem „Herrenhaus“ gleichgesetzt). Als „Hofmarken“ bezeichnet man seit der Ottonischen Handfeste vom 5. Juni 1311 Bereiche der niederen Gerichtsbarkeit und Verwaltungsebene. Den Hofmarksherren waren Gebäude, Güter und Untertanen unterworfen und so definierte sich auch die Zuständigkeit des Herrschafts- und Abgabenbereichs.
Bach- und Flussläufe dienten von alters her zusammen mit Wegen und Straßen als Handelsverbindungen - und so
war es auch in Achdorf. Von Nordwesten, über Freising kommend, führte schon seit Römerzeiten ein
Fernhandelsweg an den Hängen oberhalb der Isar entlang. Etwa vom heutigen Naturfreundehaus über Aign hinab
ins Tal wurden Waren in die Ansiedlungen an der Isar gebracht. Auch Jadwiga von Polen, die Braut Herzog
Georgs des Reichen, nahm zur „Landshuter Hochzeit“ 1475 von Moosburg her diesen rumpeligen, steilen Weg in
die Herzogsstadt Landshut (Gründer Herzog Ludwig I., 1204). Für die Herzöge der Stadt war es daher von
Bedeutung, wer diese Straßen kontrollieren konnte und wer somit im Gebiet Achdorfs herrschte. Spitzlberger
datiert den Beginn der Herrschaft aus dem Geschlecht der Achdorfer so: „Für das Jahr 948 wird jedenfalls ein
Hermann von Achdorf erwähnt: Siedlung und Herrensitz haben um diese Zeit bereits existiert ...“
(▶ Spitzlberger, Achdorf, Stadtpfarrkirche St. Margaret, Verlag Hoffmann, 2005, S.2)
Urkundlich trifft man erstmals 1140 auf das Geschlecht der „Achdorfer“. Ein „Lieder und sein Sohn Engilwan von Ahidorf oder Ahedorf“ (▶ Erich Stahleder, a.a.O., S. 21) werden als Dienstmannen des Bischofs von Freising erwähnt.
Schöne Abbildungen und Beschreibungen des Wappenschildes dieses Rittergeschlechts finden sich in der
Adelsgenealogie von Prey aus dem Jahr 1740
(▶ Des Johann Michael Wilhelm von Prey, freisingischen Hofcammer-Directors, Sammlung zur Genealogie des
bayrischen Adels, in alphabetischer Ordnung. Band 1 - BSB Cgm 2290(1))
Von 1340 ist ein Siegel
(▶ in: Bleibrunner, Landshut, S. 219, Quelle: Bayerisches
Hauptstaatsarchiv München)
Friedrichs des Achdorfers erhalten, auf dem als Mittelpunkt eine Angel
abgebildet ist. Für die weitverzweigte Verwandtschaft dieser Achdorfer galt der stolze Turnierspruch aus dem
Mittelalter für „den“ (oder „die“) „Angl“ im Wappen: „Die Achdorffer mit dem Angl haben der Ehren gar kein
Mangl“.
Ob dieser„Angl“ etwas mit einem Angelhaken zu tun hat bleibt eine offene Frage. Fische gab es im Roßbach
jedenfalls nur in kleinen Mengen. Man könnte auch an einen Haken denken, da in den Abbildungen bei Prey
(s.o.) eher eine Art Schaftaufnahme für eine Stange erkennbar ist, als eine Öse für eine Schnur. So könnte
der „Angl“ vielleicht eine Waffe sein, mit der man den Feind vom Pferd ziehen konnte. Zu Herkunft und Wappen
der Achdorfer Ritter liest man bei Prey
(▶ Quelle s.o.)
: „Achdorff – Herkommen:
Ein Dorff und Hofmarch zu nechst ausser Landshuet. Davon dis alt guett geschlecht sein Namen getragen und
ermeltes guett hernach den Fürsten von Bogen verkhauft hat. […] Disse achdorffer werden mit denen
Anglbergern zu anglberg und Erphenbrunn, alias Helfenbrunner zu Helfenbrunn aines Stammens gewessen sein und
zwahr umb so vill mehr, alldieweillen alle 3 famillen gleiche wappen und farben fihreten. Disses Adels
besuechte Turnier: Von Ihnen steht im bayrischen Turnier buech folgenter reim: Die Achdorffer mit der Angl
haben der Ehren gar khein mangl. Herman Achdorfers Wittib Diemuet war auf den 3ten Turnier zu Costanz a(nn)o
930. Fridericus im 15. Turnier zu Regenspurg. 1284 Ruger in simili. Anselm in 10.ten Turnier zu Zrch anno
1165. Christoph in 20.ten zu Essingen anno 1374. Hanns in 25.ten zu Regenspurg anno 1412. mithin 6 Achdorfer
auf 6 Turnieren.
Die Herren von Achdorf könnten also das Wappen der Anglberger, einer wahrscheinlich verwandten Adelsfamilie
im Landkreis Freising, übernommen haben. Schon im 13. Jahrhundert beurkunden die Herren von Achdorf als
Zeugen Rechtsgeschäfte der Landshuter Herzöge. Nicht alle in dieser weit verzweigten Familie lenkten aber
die Geschicke Achdorfs
(▶ Erich Stahleder, a.a.O., S. 23)
. Die Familie musste
ihre
Güter nach diversen Erbfällen und klammen Finanzlagen schließlich veräußern. 1385 erwarben die bayerischen
Herzöge aus dem Geschlecht der Wittelsbacher die Besitzungen in und um Achdorf. Stahleder
(▶ a.a.O., S. 26)
zitiert aus der Urkunde: „Andre der Achdorfer, seine Hausfrau und
seine Schwester Dorothea verkauften den Herzögen Stephan, Friedrich und Johann das Dorf Achdorf mit
Gericht, Burghstall, Bergen, Tälern, Höfen, Gütern, Sölden, Äckern, Wiesmahden, Fischweiden und mit allem
Zugehörungen für 332 Pfund Regensburger Pfennige, und zwar so, wie es ihnen von ihrem Vater hinterlassen
war, ausgenommen die Eigenleute und Lehen.“
Somit war die Ära der „Herren von Achdorf“ als Besitzer der Hofmark beendet und der letzte männliche
Stammhalter, der nichts mehr mit Achdorf zu tzn hatte, starb um 1510 in Helfenbrunn.
Die Besitzverhältnisse unter den Landshuter Herzögen hat Bleibrunner
(▶ Achdorf im
Wandel
von tausend Jahren, S. 31 f.)
genau beschrieben. Interessant dabei ist, dass Herzog Ludwig der
Reiche (*1417, reg. 1450 – 1479 +) den „Vierern“, d.h. den Vertretern der vier Achdorfer Siedlungsgebiete in
seiner Hofmark die niedere Gerichtsbarkeit anvertraute. Aus dieser Quelle wissen wir, wo diese vier
Siedlungsgebiete Achdorfs in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts lagen: Erstens, links des Baches vom
„Kammerhof“ (bei der Brücke über den Bach nahe der Brauerei Wittmann) bis zu Alt-St. Margaret, zweitens
„unterm Höhenberg“ (heute Klausenberg), drittens „bei der Kirche“ (d.h. um Alt-St. Margaret herum) und
schließlich viertens „oberhalb der Kirche am Ort“ (bachaufwärts bis Seepoint).
1580 übertrug Herzog Wilhelm große Teile der Herrschaft in der Hofmark Achdorf an seinen Landshuter Sekretär
Stephan Schleich, der ein Jahr später von Kaiser Rudolph II. geadelt wurde. Die Schleichs bauten danach das
Schloss aus, in dem neben einer Kapelle auch eine Weinpresse war. Die Einkünfte aus der Hofmarksverwaltung
reichten aber nicht zu einem gesicherten Auskommen, und so waren Angehörige der Familie Schleich auch als
Verwaltungsbeamte für die Landshuter Herzöge tätig. Der Dreißigjährige Krieg ging an Achdorf nicht vorüber
und ruinierte am Ende auch die Familie Schleich. 1650 wurde der Besitz an die alteingesessene Landshuter
Familie Planck verkauft. Anfang des 18. Jahrhunderts erwarb nach einem kurzen Intermezzo unter Maria Anna
Justina Freiin von Dürnitz die Familie Hagn die Hofmark. Auch die napoleonischen Kriege bedeuteten eine
schwere Last für die Achdorfer. Als 1809 Maria Theresia von Hagn verstarb, erbte 1811 Xaveria Gräfin von
Arco (verheiratet mit Maximilian Josef von Arco) als geborene Freiin Maria Xaveria von Köckh die
Herrschaft.
Sie erwarb sich große Verdienste um die Bildung der Achdorfer Mädchen, da sie hartnäckig die Einrichtung
einer Handarbeitsschule betrieb, die 1812 eröffnet wurde: „18 Mädchen[ … ] unterrichtete sie teils selbst,
teils durch eine von ihr noch mehr gebildete Lehrerin im Nähen, Stricken und Spinnen“ berichtet der Chronist
Staudenraus
(▶ Alois Staudenraus, Chronik der Stadt Landshut in Bayern, Landshut, 1832,
3. Teil S. 51/52)
. Danach ging die Hofmark in den Besitz der Maria Anna Gräfin von Leyden (geb.
von Arco) über, die für ihre Eltern ein Grabmal an der Außenwand von Alt-St. Margaret bauen ließ, das 2020
renoviert und damit gesichert wurde.
Statt der Gerichtsbarkeit der Hofmark gab es nun ein Patrimonialgericht und ein Ortsgericht und auch die
Verwaltung war seit 1808 umstrukturiert worden. Achdorf wurde mit dem Zweiten Bayerischen Gemeindeedikt von
1818 zu einer sich selbstverwaltenden Einheit. 1848 erfolgte dann die Zuteilung der Hofmark an das
Landgericht Landshut. Nach Auflösung der Hofmark erbte Julius Freiherr von Ruffin (verheiratet mit der
Tochter von Anna Maria von Leyden), Hofmarschall und Major aus München, 1861 den Besitz der Familie von
Leyden. Das heute sogenannte Ruffinischlössl hat seinen Namen aus dieser Zeit. Es war von der Familie Plank
in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts im der Isar zugewandten Teil des Schlossparks als Sommersitz
erbaut worden. Ruffin verkaufte das alte Hofmarksschloss 1873 an Alois Bierling, einen Tabakfabrikanten
(▶ Stahleder, Achdorf, S.63)
und das Ruffinischlössl 1873
(▶
Stahleder, Landshut, S. 225)
an die Familie Koller, die es zu einem Wirtshaus mit Biergarten und
Kegelbahn umbaute.
Seit dem 19. Jahrhundert erlebte Achdorf dann bedeutende Veränderungen. Die alte Kirche, um 1430 in Stein
erbaut, war der wachsenden Dorfgemeinschaft nach 450 Jahren zu klein geworden. So nahm man schon gegen Ende
des 19. Jahrhunderts die Planungen für eine neue Kirche in Angriff, die 1912 fertiggestellt, erst aber 1922
geweiht wurde. Schon 1910 war der Friedhof an seine heutige Stelle verlegt worden.
Dem gesellschaftlichen und sozialen Fortschritt trugen der Ausbau des 1846 bezogenen Schulhauses (heute
Fahrschule) auf zwei Stockwerke (1884), der Bau des Mädchenschulhauses 1902 und des Kreiskrankenhauses 1902
bis 1906 Rechnung
(▶ Wetzstein, Vom Dorf zum Landshuter Stadtteil, S.
77-80)
.
Im Mädchenschulhaus (später Stadtarchiv, heute privates Wohnhaus) fand dann auch die politische Vertretung
der Gemeinde Platz: Die Gemeindekanzlei bestehend aus dem 1. und 2. Bürgermeister, einem Gemeindesekretär
und einem Gemeindediener. Zusammen mit den 13 Gemeinderäten mussten im Lauf der Jahre weitreichende
Entscheidungen gefällt werden: Verkehrswege galt es zu verbessern bzw. zu bauen, am Bedeutendsten waren wohl
die Neue Bergstraße (1860) und die Eisenbahnlinie Landshut – Neumarkt mit der Bahnstation in Achdorf
(1883).
Bis 1928 war Achdorf eine selbständige Gemeinde und musste alle Projekte eigenständig stemmen. Über 40 Jahre
lang wurden die Pläne zur Eingemeindung nach Landshut von beiden Seiten teils mit Skepsis, teils mit
Engagement verfolgt. 1919, nach dem Ersten Weltkrieg, brauchte Landshut neue Siedlungsgebiete und ging
wieder auf Achdorf zu. In Achdorf überwogen die Bedenken, doch die stark steigende Inflation der 20er Jahre,
die Zugeständnisse der Stadt Landshut und die stetigen Bemühungen des Gemeinderats Felix Meindl, den vor
allem die prekären sanitären und sozialen Verhältnisse in Achdorf bedrückten, führten zur Zustimmung zur
Eingemeindung
(▶ Wetzstein, a.a.O., S. 83 ff.)
.
Am 6. 10. 2018 feierte Achdorf 90 Jahre Eingemeindung. Stadtrat Gerd Steinberger fasste damals die
Gefühlslage der Achdorferinnen und Achdorfer bestens zusammen: „Vor 90 Jahren haben sich die Stadt Landshut
und die Gemeinde Achdorf entschlossenen einen gemeinsamen Weg zu gehen. Und es ist gut so. Genauso gut ist
es, sich als Achdorfer zu fühlen. Man kann als Achdorfer ein guter Landshuter sein, als Bayer ein guter
Deutscher und als Deutscher ein guter Europäer. In diesem Sinn feiert die Stadt Landshut und sein Ortsteil
Achdorf heute 90 Jahre miteinander.“
Gerhard Bogner
Quellen:
▶ Bleibrunner, Hans, Landshut, die altbayerische Residenzstadt - Ein Führer zu ihren
Sehenswürdigkeiten, Hrsg. Verkehrsverein Landshut, Landshut 41985
▶ Dübell, Günther, Achdorf Ein traditionsreicher Stadtteil von Landshut, Landshut
1998
▶ Prey, Johann Michael Wilhelm von, freisingischen Hofcammer-Directors, Sammlung zur
Genealogie des bayrischen Adels, in alphabetischer Ordnung. Band 1 - BSB Cgm 2290(1)
▶ Spitzlberger, Georg, Achdorf – Stadtpfarrkirche St. Margareth, Schnell Kunstführer
Nr.
1280, München 1981
▶ Staudenraus, Topographisch-Statistische Beschreibung der Stadt Landshut und ihrer
Umgebung, Landshut 1835
▶ Stahleder, Erich, Geschichte der Hofmark Achdorf, in: Stahleder, Erich, Hrsg.,
Achdorf
im Wandel von tausend Jahren, kath. Pfarramt St. Margaret, Landshut 1971
▶ Wetzstein, Christa, Vom Dorf zum Landshuter Stadtteil, in: Achdorf im Wandel von
tausend Jahren, kath. Pfarramt St. Margaret, Landshut 1971
Bild:
▶ Schloss Achdorf auf einem Kupferstich von Michael Wening (1723)
▶ Von Michael Wening - http://www.steutzger.biz/, Gemeinfrei,
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